
HALVERS WOCHE
Robert Halver
29. Oktober 2025
Alle Jahre wieder die Frage nach der Jahresendrallye

Über mangelnde Aktien-Performance können sich Anleger in diesem Jahr nicht beschweren. Können die Kurslatten bis Ende 2025 sogar noch höher liegen? Mit Blick auf die deutsche Konjunktur, US-chinesische Handelsscharmützel, Verschuldung und Bewertungshöhen denkt man nicht unbedingt an weiter blühende Börsen-Landschaften in der kalten Jahreszeit. Unabhängig davon sollte der Blick der Anleger weit über den 31. Dezember hinausgehen.
Woanders sind die Standort-Wiesen grüner
Die Stimmung der Unternehmen in Deutschland hat sich laut ifo Geschäftsklimaindex zwar etwas gebessert. Kein Grund für Entspannung. Im reformfaulen Status quo wächst in Deutschland nur der ineffiziente Staat.
Dennoch ist es grundfalsch, die Weltwirtschaft durch die deutsche Konjunkturbrille zu betrachten. In vielen Teilen der Welt ist Wachstum kein Auslaufprodukt. Und genau dort zieht es nicht nur die großen, sondern auch immer mehr kleinere deutsche Unternehmen hin. Ihren Aktiennotierungen an deutschen Börsen schadet es sicher nicht.
Natürlich, jedes positive weltwirtschaftliche Szenario würde über den Haufen geworfen, wenn sich die zwei entscheidenden Spieler Amerika und China wie Äxte im Walde benähmen. Mit Blick auf deren gegenseitige Abhängigkeiten (u.a. USA von Seltenen Erden und günstigen Vorprodukten und China von den attraktiven amerikanischen Absatzmärkten) sind sie regelrecht gezwungen, sich zumindest platonisch zu mögen. An einer friedlichen Handels-Koexistenz kommen sie nicht vorbei.
Beim Konjunktur-Spiel dürfen die Neuen Industrieländer in Asien und Südamerika nicht vergessen werden. Der im Vergleich schwache US-Dollar verhindert Kapitalflucht und gibt ihnen auch über Zinssenkungen Gelegenheit, ihre wirtschaftlichen Talente mit starkem Leistungsprinzip zu nutzen.
Insgesamt erhält die Weltwirtschaft mehr fundamentalen Schwung, die Unternehmen mehr Gewinn-Schmackes und die Konjunkturaktien mehr Temperament.
Staatsverschuldung und Inflation verfolgen die Finanzmärkte wie nächtliche Schatten
Für viele Anleger ist Staatsverschuldung ein Pfui-Bah-Wort. Immerhin kommt sie weltweit auch der Verbesserung der Infrastruktur zugute. In den USA gilt sie als Highway, auf dem die Konjunktur Geschwindigkeit aufnimmt.
Allerdings hat die Verschuldung Dimensionen angenommen, die atemberaubend sind. Laut Regierungsbehörden werden z.B. die USA bis 2035 auf einen Schuldenstand von weit über 50 Bill. US-Dollar blicken. Und seit 2021 haben sich die US-Zinsausgaben der USA von 533 Mrd. auf aktuell ca. 1,16 Bill. Dollar mehr als verdoppelt. Ein Ende von rasanter Neuverschuldung und Zinskostenexplosion ist nicht zu erwarten. Unter normalen Bedingungen würde diese Finanzinstabilität früher oder später jedes Land und auch Amerika in die Knie zwingen.
Hier genau setzen die Notenbanken mit ihren Knieschonern an. Die Bezahlbarkeit von Schulden und damit die Finanzstabilität der USA muss unter allen Umständen gewahrt werden. Bloß keine neuen Schuldenkrisen. Man hat gesehen, welche Schäden sie anrichten können. Heißt konkret: Die Kreditzinsen müssen an die Leine genommen werden. Ihr Bewegungsdrang nach oben muss begrenzt sein.
Und wie steht es um die konsequente Inflationsbekämpfung der Notenbanken? Nun, irgendwie muss man die Verschuldung kleinkriegen. Also haben die Politiker und die von ihnen ernannten Geldpolitiker ein Interesse, die Preissteigerung für sich arbeiten zu lassen. Am liebsten so, dass Inflation gegenüber Zinsen und Anleiherenditen vorne liegt. Dann steigt Staatsverschuldung zwar nominell, aber nicht mehr real.
Übrigens erwartet niemand, dass der von Gottes Gnaden ernannte neue US-Notenbankchef ein geldpolitischer Hardliner ist, sondern eher ein liberaler „Softie“, der nichts gegen, aber viel für Zinssenkungen übrighat.
Die Ära des geldpolitischen Valiums mit ihren positiven Nebenwirkungen für Aktien
Bei diesen Konfliktvermeidungsstrategien der Notenbanken muss irgendjemand die Zeche zahlen. Hierbei ist der Zinssparer gleich zweimal der „Dumme“. Zunächst erhalten sie für die immer schwächere Bonität keinen adäquaten Renditerisikozuschlag.
Und mit so mancher Diskussion zur Schuldenreduktion tut man der Bonität auch keinen Gefallen. Das gilt auch für das sogenannte “Mar-a-Lago Accord”. Demnach sollen ausländische Anleiheinvestoren gedrängt werden, ihre kurz- bis mittelfristigen US-Staatsanleihen gegen nicht handelbare, hundertjährige, niedrig verzinste Anleihen zu tauschen, um die Zinslast der USA zu senken. Dem Land, das dem zustimmt, werden niedrigere Zölle oder Eintritt-Tickets für Exporte in die USA in Aussicht gestellt.
Hat nicht auch der US-Präsident mit unorthodoxen Methoden der Schuldenstreichung offenbar seine wirtschaftliche Existenz als Immobilienmogul gerettet? Warum also nicht seinen erfolgreichen Mikrokosmos auf den amerikanischen Makrokosmos anwenden. Es ist zwar nicht zu erwarten, dass diese fixe Idee auf absehbare Zeit Realität wird. Aber Appetit auf US-Staatspapiere macht sie sicher nicht.
Überhaupt zahlen Anleger bei Zinspapieren nach Abzug der Preissteigerung drauf. Die Entschuldung des Staats ist die Entreicherung der Zinssparer.
Doch wenn Dich dein Zins nicht liebt, wie gut, dass es die Aktie gibt. Sie ist als Nominalanlageklasse der Inflationsgewinner. Auch aufgrund der oben beschriebenen Rahmenbedingungen stellen Aktien das kleinere Risiko gegenüber Zinsanlagen dar. Sie sind die sachkapitalistische Rettung vor Papiergeld-Anlagen, wenn diese ein Klumpenrisiko in der Vermögensaufteilung bilden.
Der Zinseszinseffekt lässt sich alternativ auch mit Dividenden erreichen. Niedrige Zinsen sind nicht zuletzt Freunde der Tech-Werte. Ihre im Vergleich hohen Bewertungen werden weniger stark geschoren.
Das Jahresende 2025 kann für Anleger nur ein Zwischenstopp im Anlage-Marathon sein
Grundsätzlich beginnt ab Oktober fast regelmäßig eine Aufwärtsbewegung, die schließlich in einer Jahresendrallye mündet. Die ist auch 2025 gut möglich. Ich kann mir gut vorstellen, dass sich der DAX mit einem neuen Allzeithoch verabschiedet.
Mir ist es aber viel lieber, dass immer mehr Menschen über den Tellerrand des Jahresendes hinausschauen und sich nicht von der trügerischen Sicherheit von Zinsanlagen blenden lassen, sondern langfristig und regelmäßig in Aktien investieren.
Ansonsten wird es heißen: Unsere Nachkommen haben immer weniger Auskommen mit ihrem Alters-Einkommen.
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