HALVERS WOCHE
Robert Halver
21. August 2025
Erst das Land, dann die Partei!

Das war früher Leitmotiv deutscher Regierungen. Für notwendige Veränderungen haben sie oft dem Gemeinwohl Priorität vor dem Parteiwohl eingeräumt. Die Wählerschelte für auch schmerzhafte Einschnitte haben sie in Kauf genommen. Mit Blick auf schwache Umfragen und geringe Parteibindung befinden sich die politischen Überzeugungstäter heutzutage jedoch im Rückzug. Doch führt kein Weg an umfänglicher Reformpolitik vorbei, wenn es wirtschaftlich und auch gesellschaftspolitisch nicht noch schlimmer werden soll.
Ohne Wirtschaftswachstum ist alles nichts
Das sagt die Bundesregierung in ihrem Koalitionsvertrag. Alles andere wäre auch absurd. Nur eine wachsende Volkswirtschaft ermöglicht Perspektiven, Zukunft, Wohlstand und die Finanzierung des Sozialstaats, der außer Zweifel steht. Genau das entspricht der früheren sozialen Marktwirtschaft, eines der erfolgreichsten Wirtschaftsmodelle der Welt.
Daher darf keine weitere Zeit verschwendet werden, um wachstumsfördernde Reformen durchzuführen. Die letzten umfänglichen Struktursanierungen in der Wirtschaft, am Arbeitsmarkt und in der Sozialpolitik wurden unter Kanzler Schröder vor 20 Jahren durchgeführt. Obwohl sich der kranke Mann Europas damals gut erholt hatte, will seine Partei davon heute nichts mehr wissen. Die panische Angst, noch mehr an die Linke zu verlieren, ist groß.
Der Haken dabei ist, dass unsere Konkurrenten genau diese Wirtschaftsreformen durchführen, um ihre Wettbewerbsfähigkeit zu unseren Lasten zu stärken. Ohnehin ist Amerika nicht mehr unser Beschützer, im Gegenteil. Und Asien kauft uns industriell immer mehr den Schneid ab. Bei einem Weiter so wird die Lethargie der deutschen Wirtschaft chronisch und wir steigen aus der Champions League ab.
Tatsächlich werden wir vermutlich auch 2025 kaum wachsen, wenn überhaupt. Wenn ich mich im Ausland aufhalte, schmerzt es mich, wenn ich gefragt werde, was bei uns los ist. Dort hat man Deutschland in besserer Erinnerung. Wie viele Anstöße braucht man denn noch, um sich wirtschaftlich zu besinnen?
Das Einzige, was bei uns wächst, sind Staatsausgaben
Angeblich geht es bei uns sozial nicht gerecht zu. Angesichts staatlicher Transferleistungen von über 1,3 Bill. Euro fragt man sich, über was wir reden. Um diese Gerechtigkeitslücke zu schließen, wird selbst innerhalb der Koalition nach Steuererhöhungen gerufen. Dabei liegt Deutschland international bereits an der Spitze der Belastung. Und die populistischen Rattenfänger gehen sogar noch weiter. Sie lieben das Robin Hood-Prinzip. U.a. versprechen sie der Jugend weniger Arbeit bei Lohnausgleich auf Kosten der sogenannten Reichen. Und da die sozialistischen Wohltaten niemals ein Ende finden, müssen natürlich immer mehr Steuererhöhungen her.
Der Staat wird dann immer mehr zum Alkoholiker, der versucht, seine gute Laune mit immer mehr Schnaps aufrechtzuerhalten. Das geht nicht gut, denn wir verarmen. Ein Entzug muss dringend her, der beim Staatshaushalt im Sinne der Effizienz und Notwendigkeit alles auf den Prüfstand stellt. Ist es nicht erstaunlich, dass ausgerechnet der frühere Schuldensünder Griechenland seinen Staatshaushalt hart saniert? Die Finanzpolitik muss weniger konsumieren und mehr investieren. Die massiven neuen Schulden müssen „gute“ sein, die auf fruchtbaren Wirtschaftsboden fallen und so die Attraktivität des deutschen Industriestandorts wachsen lassen, der dann ebenso privates Kapital anzieht.
Ansonsten werden neben der Großindustrie auch die mittelständischen Personengesellschaften, die immer noch das Rückgrat der deutschen Wirtschaft mit hoher Beschäftigung sind, mit Deutschland fremdeln. Warum sollten sie hier massiv investieren, wenn auch noch eine Vermögenssteuer gefordert wird, bei der die Kuh, die Milch gibt, auch Fleisch liefern soll? Schon aktuell ist Deutschland wenig wettbewerbsfähig. Z.B. ist Industriestrom in Deutschland gegenüber Amerika unfassbar teurer. Und Energie wird zukünftig dramatisch mehr gebraucht. Bürokratie und das Verschlafen von Zukunftsindustrien kommen hinzu. Und da wundert man sich noch, dass die mangelnde wirtschaftspolitische Kraft der EU uns in Handelsfragen zu Knete in den Händen von Trump macht? Wenn man sieht, wie viele auch private Leistungsträger schon heute Deutschland verlassen, wird einem das Herz schwer. Mangelnde Hoffnung ist pures Gift für die Wirtschaftspsychologie. Und ohne gute Stimmung gibt es keine Aufschwungparty.
Hat es jemals ein Land gegeben, wo staatswirtschaftliche Übertreibung erfolgreich war?
Nein, diese Länder sind alle schließlich vor die Hunde gegangen. Wir haben es in der ehemaligen DDR gesehen. Karl Marx konnte nicht ahnen, dass seine Theorie in der Praxis Murx ist. Wenn andere Länder mit marktwirtschaftlichen Methoden und Leistungsprinzip deutlich höhere Wachstumsraten erwirtschaften, wieso betreten wir nicht auch diesen Weg, der uns doch früher so erfolgreich gemacht hat?
Es ist sicherlich sehr gut, dass sich Deutschland außenpolitisch einmischt, um schädlichen geopolitischen Entwicklungen entgegenzutreten. Doch darf gute Außenpolitik kein Ersatz zu einer guten Innenpolitik sein. Man muss auch auf den Feldern ackern, die zunächst keine reiche Frucht für die Wähler bringen. Wenn die missliche Lage, in der sich Deutschland befindet, nicht bald der Bevölkerung klar vor Augen geführt wird und durch scharfe Kurskorrekturen verbessert wird, werden wir den Wohlstand, an den wir uns so gewöhnt haben, nicht halten. Und für Mangelwirtschaft zahlen wir dann alle einen hohen gesellschaftspolitischen Preis.
Wenn aber Reformen allmählich Wirkung zeigen, werden die Menschen einsehen, dass sozialistische Visionen nur eine Halluzination, eine Fata Morgana sind. Mit Moral, Empörung und Hass auf Trump allein wird die MS Germania nicht wieder flott und kein Wachstum mit Steuereinnahmen und Sicherung der Altersvorsorge erreicht.
Überhaupt wurde der Politikwechsel doch gewählt. Also ab Herbst bitte wieder zurück zur klassischen deutschen Politik: Erst das Land, dann die Partei. Die Bevölkerung ist in ihrer großen Mehrheit einsichtig, nicht beratungsresistent.
Und jede Form von Klassenkampf gehört in die Mottenkiste der Geschichte.
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