
HALVERS WOCHE
Robert Halver
11. November 2025
Ruhe im Anlage-Karton bewahren, auch wenn soziale Medien viel Lärm machen

Die sozialen Medien laufen zurzeit wieder zur Hochform auf. Tatsächlich, wenn Anleger sich dort über Konjunkturschwäche, Schuldenkrise oder Crash informieren, werden sie mit Untergangsstimmung regelrecht geflutet. Aber könnte es sein, dass (F)Influencer ein Eigeninteresse an Klicks und Followern haben? Risiken sind sicherlich nicht zu leugnen. Doch sind Anleger gut beraten, in Ruhe immer auch die Gegenseite, die Chancen, zu betrachten.
Hässliche Pickel auf dem hübschen Gesicht der Weltwirtschaft?
Zumindest gibt es Make-Up in Form von Planungssicherheit über vielfältige Handelsabkommen. Der Deal zwischen Amerika und China ist zwar auf ein Jahr befristet. Immerhin, in der Zwischenzeit erhalten die USA wieder Seltene Erden und dürfen die Chinesen wieder den attraktivsten Absatzmarkt der Welt mit günstigen Waren für Amerikaner beliefern. Überhaupt, in einem Jahr wird man wieder feststellen, dass man sich gegenseitig braucht. Auf die Zoll-Folklore sollte man nicht hereinfallen.
Auch im amerikanischen shutdown ist die Kälteperiode vorbei, selbst wenn das Tauwetter zunächst nur bis Ende Januar anhält. Sinkende Zustimmungswerte haben wohl den Geist der Einsicht im Weißen Haus zum Leben erweckt. Auch wollten beide Streithähne den Amerikanern nicht die Freude an Thanksgiving nehmen, wenn sie den Truthahn ohne ihre Lieben verspeisen müssen, weil Flugzeuge am Boden bleiben. Und bei anhaltendem Lohnausfall für viele wäre auch Black Friday enttäuschend ausgefallen. Jetzt aber wird die erzwungene konjunkturelle Delle zügig ausgebeult.
Dabei kommt massive Unterstützung von Mutter Natur, von der Fed. Ab März 2022 hat sie mit einer Serie von 11 Zinserhöhungen Kredite verteuert und Investitions- sowie Einstellungsbereitschaft gedämpft. Jetzt hat sie aber bis 2027 auf Zinsumkehr geschaltet.
Für Aktien von Industrie- und Exportwerten ist dies alles Balsam auf ihre geschundene Konjunktur-Seele, übrigens auch, weil Geldmarktzinsen an Attraktivität verlieren.
Die geldpolitischen Sozialämter verhindern jede Schulden- und Finanznot
Finanzexperten warnen vor weltweit Billionen an notleidenden Krediten und einer durch Wachstum nicht gedeckten Staatsverschuldung. Im Fokus steht die Vernetzung von Banken, Versicherungen und Fonds. Einzelne Schocks könnten eine Welle der Verwüstung wie bei der Finanzkrise 2008 auslösen.
Jedoch werden die großen Notenbanken die Finanzwelt, die an der Klippe steht, niemals herunterschubsen. Es wäre der finale Systemcrash. Im Bedarfsfall wird die Geldpolitik massiv eingreifen, den mangelnden Absatz von Schuldtiteln ins eigene Buch nehmen und deren Kreditzinsen zügeln. Im Idealfall liegen sie dann unterhalb der Inflation, die geldpolitisch tatsächlich nur halbherzig bekämpft wird. Denn dann zahlt sich der Zinsdienst über die Preissteigerung von selbst.
Allerdings sind bonitäts- und inflationsunpassende Anleiherenditen zur Entschuldung der Staaten die ultimative Entreicherung der Gläubiger: Ein Elfmeter ohne Torwart für Aktien.
High-Tech als (ir)rationale Blase
Die vermeintlich größten Kursrisiken werden in der High-Tech-Sparte vermutet. Den angeblich völlig überteuerten Tech-Aktien drohe ein ähnliches Schicksal wie der Dotcom-Blase Ende der 1990er-Jahre. Hinzu kommt die Skepsis in puncto Wirtschaftlichkeit der umfangreichen Investitionen in KI.
Jedoch vereinen diese Titel nicht nur einen überproportionalen Anteil der US-Marktkapitalisierung auf sich, sondern auch den Löwenanteil des langfristigen Gewinnwachstums. Das ist ein dramatischer Unterschied zu damals.
Außerdem ist niemand gezwungen, in KI zu investieren. Der Bedarf wird von den Investoren aber offensichtlich gesehen. Und sie legen Wert auf die modernste Infrastruktur und die besten Halbleiter, um so wettbewerbsfähig wie möglich zu sein. Überhaupt wird KI alle Branchen der Volkswirtschaft befruchten.
Wenn jetzt einzelne Unternehmen der High-Tech-Branche von staatlicher Unterstützung sprechen, ist das nicht das Eingeständnis, dass sie sich finanziell überhoben haben. Vielmehr geht es um Waffengleichheit mit China, wo Staatsunternehmen massiv unter die Arme gegriffen wird. Amerika wird sich stärker einbringen, da derjenige, der bei KI die Nase vorn hat, auch geopolitisch vorne liegt.
Nicht zuletzt dürfen nicht alle High-Tech-Werte in einen Sack nach dem Motto gesteckt werden, wenn man draufschlägt, trifft man immer den richtigen. Neben KI gibt es z.B. die Cloud Anbieter, die Smartphone-Hersteller oder die Online-Marktplätze.
Und trotzdem widerspricht dies alles nicht mitunter gesunden und überfälligen Korrekturen nicht zuletzt über short seller. An der Börse gibt es keine Einbahnstraßen. Doch diejenigen, die die schnelle Mark nach unten gemacht haben, sind dann auch wieder mit dabei, wenn es nach oben geht. Das sind nicht die Zutaten für einen Crash.
Was passiert, wenn der Oberste Gerichtshof der USA Trumps Zölle einkassiert?
Sollten die Sonderzölle von Präsident Trump als rechtlich unzulässig erklärt werden, wird wenig Freude bei Im- und Exportwerten aufkommen. Die Zollvereinbarungen sind zwar mit Blick auf steigende Importkosten und Inflation sowie Margendruck absolut schädlich. Immerhin bieten sie aber nach einer langen Phase des handelspolitischen Blindflugs relative Planungssicherheit.
Entschieden die Richter gegen Trump, würde die Handelswelt wieder im Nebel der Unplanbarkeit herumirren. Auch wird Trump nicht klein beigeben. Finanzminister Bessent hat bereits angekündigt, dass man dann andere rechtliche Instrumente in der Handelspolitik einsetzen würde. Selbst wenn diese am Ende wieder vor den Gerichten landeten, würden sie den Welthandel in der Zwischenzeit erneut paralysieren.
Es klingt absurd, aber auf den ersten Blick erscheint das jetzige Zoll-Szenario mit all ihren Abkommen mehr Handels-Ruhe zu versprechen, als wenn ein juristisches Negativvotum die Büchse der Unsicherheits-Pandora für den Welthandel und seine teilnehmenden Unternehmen wieder öffnet.
Immerhin könnte der Oberste Gerichtshof ein salomonisches Urteil fällen, indem er z.B. erklärt, dass man die Auswirkungen der Trumpschen Zollpolitik zunächst einmal abwarten wolle. Damit hätte er auch seiner Glaubwürdigkeit, dem US-Präsidenten nicht zu wohlwollend entgegenzukommen, Zeit verschafft.
Es lebe der Sachkapitalismus, es lebe die Aktie
Vor dem Hintergrund der beschriebenen Argumente sind Anleger trotz der zwischenzeitlichen Korrekturen bei Aktien insgesamt gut aufgehoben.
In der Vergangenheit haben Anleger durch die Vorbereitung auf Aktienkorrekturen bzw. den Versuch, diese vorherzusagen, weit mehr Geld verloren als durch die Konsolidierungen selbst.
Übrigens verfügen risikoorientierte Anleger mit regelmäßigen Sparplänen über ein einfaches und risikoarmes Instrument der langfristigen Vermögensbildung.
Die Crash-Propheten in den sozialen Medien werden auch zukünftig für die eigene Kasse arbeiten. Das können sie gerne tun, aber man muss ihnen ja nicht folgen.
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