In Optionsscheine investieren
Wer sich langfristig an einer erfreulichen Rendite erfreuen möchte, sollte auf Aktien setzen – gern in Fonds gebündelt. Das ist das A und O einer sinnvollen Geldanlage. In einem ausgewogenen Portfolio finden sich zudem weniger renditeträchtige, dafür sichere Geldanlagen wie Tages- oder Festgeld, Pfand- oder Schatzbriefe. Optionsscheine fehlen in Portfolios, die dem langfristigen Vermögensaufbau dienen. Sie haben anderen Aufgaben.
Mit Optionsscheinen können Anleger mit vergleichsweise geringem Kapitaleinsatz beeindruckende Gewinne erzielen. Dafür sorgt ihre Hebelwirkung, die wir weiter unten an konkreten Beispielen erklären. Es droht allerdings, das müssen wir so offen sagen, ebenso der Totalverlust des Investments.
Optionsscheine sind, etwas überspitzt gesagt, Wetten. Wer Optionsscheine kauft, setzt darauf, dass sich der Basiswert der Option in eine bestimmte Richtung bewegt. Basiswerte sind meist Aktien, es können aber auch Indizes sein, Rohstoffe oder Devisen. Soll die Richtung des Basiswerts nach oben zeigen, werden Call-Optionsscheinen genutzt. Bei Put-Optionsscheinen wird auf fallende Kurse gesetzt. Diese Möglichkeit unterscheidet Optionsscheine von „normalen“ Investments, bei denen Anleger auf eine positive Preis- bzw. Wertentwicklung angewiesen sind.
Der durchaus spekulative Charakter von Optionsscheinen ist nicht der einzige Grund, warum sie nicht als langfristige Geldanlage taugen. Der andere Grund ist der begrenzte Zeithorizont: Optionsscheine haben ein Fälligkeitsdatum, danach werden sie wertlos.
Wie funktionieren Optionsscheine
Optionsscheine werden an der Börse gehandelt und meist von Banken ausgegeben, formal als Inhaberschuldverschreibungen. Die auch Warrants genannten Papiere bekommen eine Wertpapierkennnummer (WKN) oder International Securities Identification Number (ISIN), was sie im Börsenhandel eindeutig identifiziert.
Bei Follow MyMoney können Optionsscheine problemlos über das eigene Depot gekauft und verkauft werden.
Wer von einer Bank als Emittentin, an der Börse oder über Broker einen Optionsschein kauft, erwirbt damit das Recht, den jeweiligen Basiswert zu einem festgelegten Preis zu einem späteren Zeitpunkt als Call-Option zu kaufen oder als Put-Option zu verkaufen. Dieser Zeitpunkt ist gelegentlich festgelegt als letzter Tag der Laufzeit (die „europäische Option“), die meist zwischen sechs Monaten und zwei Jahren beträgt. Verbreiteter ist die Variante, bei der die Option zu jedem Termin innerhalb der Laufzeit ausgeübt werden kann (die „amerikanische Option“). Wird die Option nicht gezogen, verfällt der Schein – und mit ihm das eingesetzte Kapital.
Call-Option für Aktie der Beispiel AG
Anleger müssen nur einen Bruchteil des Basiswerts (auch „Underlying“ genannt) einsetzen, um überproportional von Kursänderungen zu profitieren. Darauf beruht die Hebelwirkung von Optionsscheinen. Zwei vereinfachte Rechnungen illustrieren die Möglichkeiten – einmal für Call- und einmal für Put-Optionsscheine.
Unser Käufer erwirbt für 50 Euro ebenso viele Optionsscheine. Damit hat er das Recht, (50 x 0,2 =) zehn Aktien am Ende der Laufzeit (bei der amerikanischen Variante: auch schon vorher) zum Preis von 100 Euro zu kaufen.
- Der Kurs der Beispiel AG (dem Basiswert) liegt derzeit bei 90 Euro
- Als Basispreis für den Optionsscheine werden 100 Euro festgelegt, die Laufzeit beträgt 18 Monate.
- Das Bezugsverhältnis beträgt 0,2, das entspricht fünf Optionsscheinen pro Aktie.
Szenario 1
Die Beispiel AG entwickelt sich prächtig – ebenso der Aktienkurs. Die Aktie wird für 125 Euro gehandelt. Der Käufer setzt seine Optionsscheine ein, um zehn Aktien für je 100 Euro zu kaufen. Sein Gewinn beträgt zehnmal 25 Euro, also 250 Euro. Davon ab geht der Kaufpreis für die Optionsscheine, also 50 Euro. Letztlich beträgt der Gewinn damit 200 Euro.*
Szenario 2
Die Beispiel AG entwickelt sich nicht ganz so prächtig, der Aktienkurs liegt bei 102 Euro. Der Optionsscheinkäufer kann die Aktie zwar billiger kaufen als sie an der Börse gehandelt wird, doch die gezahlte Optionsprämie frisst den geringen Gewinn komplett auf.
Szenario 3
Der Aktienkurs der Beispiel AG dümpelt bei einem Wert unter 100 Euro. Der Käufer zieht die Option nicht – sie verfällt. Damit sind (nur) die 50 Euro an Optionsprämie, die beim Kauf der Optionsscheine fällig waren, futsch.
*Hätte der Käufer zehn Aktien zum Preis von insgesamt 900 Euro direkt gekauft, fiele sein Gewinn noch höher aus: Zehn Aktien, die jeweils um 35 Euro im Wert steigen, sorgen für einen Gewinn von 350 Euro. Warum ist die Call-Option trotzdem lukrativer? Das zeigt der Blick auf das eingesetzte Kapital. Während die Rendite beim direkten Kauf der Aktie bei fast 40 Prozent liegt, sind es bei Optionsscheinen – weil wesentlich weniger Kapital eingesetzt wurde – 400 Prozent. Das eingesetzte Kapital wurde viervierfacht!
Put-Option für Aktie der Beispiel AG
- Der Kurs der Beispiel AG (dem Basiswert) liegt derzeit bei 90 Euro
- Als Basispreis für den Optionsscheine werden 70 Euro festgelegt, die Laufzeit beträgt 18 Monate.
- Das Bezugsverhältnis beträgt 0,2, das entspricht fünf Optionsscheinen pro Aktie.
Auch in diesem Fall erwirbt unser Käufer für 50 Euro ebenso viele Optionsscheine. Da er auf einen fallenden Kurs setzt, hat er damit das Recht, (50 x 0,2 =) zehn Aktien am Ende der Laufzeit (bei der amerikanischen Variante: auch schon vorher) für 70 Euro zu verkaufen.
Szenario 1
Die Beispiel AG sinkt auf bescheidene 62 Euro. Der Käufer setzt seine 50 Optionsscheine ein: Ihr Emittent muss den festgelegten Kurswert von 70 Euro für die zehn Aktien zahlen, deutlich mehr als der aktuelle Aktienkurs vorsieht. Der Gewinn bei der Put-Option beträgt 20 Euro pro Aktie (Basiswert von 90 Euro minus Basispreis von 70 Euro), insgesamt also 200 Euro. Davon gehen die 50 Euro für die Optionsprämie ab, damit bleiben als Nettogewinn 150 Euro. Bei einem Einsatz von 50 Euro ein dreifach so hoher Gewinn? Das entspricht einer Rendite von 300 Prozent!
Szenario 2
Die Beispiel AG sackt nicht so stark ab wie gedacht, der Aktienkurs liegt bei 69 Euro. Der Optionsscheinkäufer würde die Aktie zwar teurer an den Emittenten zurückverkaufen als sie an der Börse gehandelt wird, doch wäre er aufgrund der gezahlten Optionsprämie insgesamt immer noch im Minus.
Szenario 3
Der Aktienkurs der Beispiel AG bewegt sich weit über dem Basiswert von 80 Euro. Der Käufer zieht die Option auch in diesem Fall nicht – sie verfällt. Sein einziger Kostenpunkt sind die 50 Euro für die Optionsprämie.
Es ist die Hebelwirkung, die den Reiz von Optionsscheinen ausmacht: Mit überschaubarem Kapitaleinsatz können beeindruckende Gewinne eingestrichen werden. Und sollte die Wette nicht aufgehen, muss nur die vergleichsweise überschaubare Optionsprämie als Verlust abgeschrieben werden. Übrigens: Der Basiswert wird im Normalfall nicht wirklich gekauft oder verkauft, stattdessen wird nur der Gewinn ausgezahlt.
Wie hoch der Hebel ist, ergibt sich vor allem daraus, wie hoch der im Optionsschein genannte Preis vom aktuellen Kurs des Basiswerts entfernt ist und wie lange die Option noch gezogen werden kann. Üblich sind Hebel zwischen 4:1 und 10:1, sie können aber auch noch höher liegen.
Darf jeder in Optionsscheine investieren?
Anders als bei Aktien oder Fonds brauchen Anleger für Optionsscheine ein Art Erlaubnis: Sie müssen ihre Finanztermingeschäftsfähigkeit nachweisen.
Diese Hürde ist allerdings leicht zu nehmen: Die Finanztermingeschäftsfähigkeit wird vom Broker problemlos erteilt, wenn Anleger entweder entsprechende Erfahrungen auf dem Finanzmarkt nachweisen können oder belegen, dass sie entsprechende Hinweise oder Formulare zur Kenntnis genommen haben.
Expertise beim Umgang mit Optionsscheinen schadet nicht. Um ihre grundsätzliche Funktionsweise zu erklären, haben wir hier einiges an Details ausklammern müssen. Wer sich an Optionsscheinen versuchen will, sollte daher sein Wissen im Vorfeld noch vertiefen.
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