In Zertifikate investieren

Diagramm über einem Laptop

Bild: Nattanan Kanchanaprat auf Pixabay

Zertifikate zeigen, wie viel Phantasie in der Finanzwelt herrscht. Schließlich gibt es weltweit mehr als hunderttausend verschiedene Zertifikate, mit teilweise erstaunlichem Aha-Effekt: „Darauf muss man erst einmal kommen!“ Tatsächlich sind der Phantasie bei Zertifikaten kaum Grenzen gesetzt. Im Grunde sind die meisten – ähnlich wie Optionsscheine – eher Wetten auf steigende, fallende oder stagnierende Kursbewegungen von Aktien, Indizes, Währungen oder Rohstoffen. Anders als bei Optionsscheinen gibt es Zertifikate nicht nur für Anleger, die Risiken einzugehen bereit sind. Auch für sicherheitsbewusste Anleger gibt es mittlerweile einen bunten Strauß an Zertifikaten.

Zertifikate sind Wertpapiere, deren Preis von der Entwicklung eines anderes Werts abhängt, dem Basiswert. Dieser Basiswert kann eine Aktie sein, ein Rohstoff, eine Währung, ein Aktienindex oder auch ein speziell für das Zertifikat zusammengestellter „Korb“ an Basiswerten. Der Vorteil der Zertifikate: Sie sind deutlich preiswerter zu erwerben als die Basiswerte, also etwa eine bestimmte Aktie. Es können also mit überschaubarem Kapitaleinsatz erfreuliche Renditen eingefahren werden.

Das Manko: Die versteckten Gebühren

Für einen langfristigen Vermögensaufbau taugen Zertifikate allerdings nur bedingt. Das liegt daran, dass die meisten in ihrer Laufzeit begrenzt sind. Anleger  müssen sich daher regelmäßig aufs Neue damit beschäftigen, wie sie ihr Geld anlegen wollen – etwa in neue Zertifikate.

Und das wird teuer. Die Finanzbranche steckt ihre Phantasie nicht nur in die Ausgestaltung neuer Zertifikate: Kritiker monieren den Einfallsreichtum auch beim Verstecken der Gebühren. Die Kosten sorgen dafür, dass die Gewinnaussichten häufig attraktiver wirken als sie es in Wirklichkeit sein können. Welche Gebühren bei Zertifikaten erhoben werden können, erläutern wir weiter unten.

Taugen Zertifikate für die Geldanlage?

Sind Zertifikate also überhaupt eine sinnvolle Geldanlage? Jein. Ihren Reiz entfalten sie für Anleger, die Zertifikate als Wetten auf bestimmte Kursentwicklungen verstehen – und dafür nur Geld einsetzen, das nicht für den Vermögensaufbau gebraucht wird. Denn ein Totalverlust der eingesetzten Summen ist bei Zertifikaten durchaus möglich. Gleichwohl bieten Zertifikate auch die Chance, auf Assetklassen zu setzen, die Privatanlegern sonst verschlossen bleiben, etwa Rohstoffe oder sogenannte Alternative Investments wie Private Equity oder Solarparks. Ein weiterer Vorteil: Anleger können über Zertifikate auch auf fallende Kurse setzen und damit ihr Portfolio absichern.

Gehandelt werden die Zertifikate an der Börse oder direkt über die Bank, die sie herausgegeben hat.

Chancen und Risiken von Zertifikaten

Formal sind Zertifikate Schuldverschreibungen der Bank, die sie als Emittentin ausgibt. Wer ein Zertifikat kauft, geht damit einen Vertrag mit dieser Bank ein, die Anlegern für diesen Kauf eine spätere Rückzahlung zusichert. Wie hoch diese Rückzahlung ausfällt, hängt von den Konditionen des jeweiligen Zertifikats ab – und von der Entwicklung seines Basiswerts. Macht die Bank pleite, werden damit sämtliche von ihr emittierten Zertifikate wertlos – für die Anleger ein Totalverlust.

Dieses Risiko ist allerdings – Ausnahmen bestätigen die Regel – theoretischer Natur. Ansonsten gilt bei Zertifikaten derselbe Grundsatz wie generell bei der Geldanlage: Mit den Renditeaussichten steigt auch das Risiko. Es gibt bestimmte Spielarten (etwa Faktor- oder Knockout-Zertifikate) mit ausgesprochen hohen Renditechancen – gekoppelt am Risiko eines Totalverlusts.

Trotzdem sind Zertifikate keineswegs nur etwas für Zocker. Einige Banken haben mittlerweile Zertifikate emittiert, die auf das Sicherheitsbedürfnis vieler Anleger einzahlen, etwa indem sie festgelegte Zinsen garantieren.

Welche Arten von Zertifikaten gibt es?

Bei mehr als 100.000 verschiedenen Zertifikaten ist es unmöglich, alle Spielarten vorzustellen. Wir konzentrieren uns hier auf die wichtigsten und arbeiten uns vor von den „sicheren“ zu den „hochspekulativen“ Zertifikaten.

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Zins-Zertifikate

Bei Zinszertifikaten wird die vollständige Rückzahlung des Kapitals am Ende der Laufzeit von der emittierenden Bank garantiert. Varianten davon bieten jährlich steigende Zinsen (Stufenzins) an. Zinszertifikate waren während der Nullzins-Periode bei sicherheitsorientierten Anlegern beliebt, derzeit sinkt ihre Zugkraft.

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Garantie-Zertifikate

Garantie- heißen auch als Kapitalschutz-Zertifikate, das Prinzip ist dasselbe: Anleger haben die Chance, von Kurssteigerungen zu profitieren – und begrenzen zugleich ihren Verlust, sollten die Kurse ihrer Basiswerte fallen. Dieses Auffangnetz lassen sich die Emittenten damit vergüten, dass die Gewinnchancen durch einen sogenannten Cap nach oben gedeckelt sind. Die Garantie besteht darin, dass am Ende der Laufzeit zumindest das eingesetzte Kapital (oder ein vereinbarter Mindestbetrag) zurückgezahlt wird – minus der angefallenen Gebühren.

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Airbag-Zertifikate

Airbag-Zertifikate funktionieren wie Garantie-Zertifikate, allerdings gibt es zusätzlich eine Untergrenze (Barriere) für den Basiswert. Wird diese Barriere nicht unterschritten, erhalten Anleger ihren vollen Ausgabepreis zurück. Liegt der Basiswert am Ende der Laufzeit allerdings unterhalb der Barriere, gibt es Abschläge bei der Rückzahlung. Auch Airbag-Zertifikate arbeiten oft mit einem Cap als Obergrenze, der Gewinne begrenzt.

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Bonitätsabhängige Schuldverschreibungen

Bei einer bonitätsabhängigen Schuldverschreibung gibt es regelmäßige Zinsen, jedenfalls solange die Bonität – also Kreditwürdigkeit – des Schuldners erhalten bleibt. Schuldner sind meist Unternehmen. Bei einem Zahlungsausfall des Schuldners gibt es keine Zinsen, ansonsten wird die Schuldverschreibung zum Ende der Laufzeit zum Nennwert zurückgezahlt. Achtung: Bonitätsanleihen gibt es nur zum Preis von 1000 Euro aufwärts – Kapitaleinsatz ist also notwendig.

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Discount-Zertifikate

Bei diesen Zertifikaten liegt der Kaufkurs unter dem aktuellen Kurs des Basiswerts. Diese Differenz ist der Discount. Für diesen Rabatt müssen Anleger hinnehmen, dass ein Cap die möglichen Gewinne begrenzt.

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Index-Zertifikate

Basiswert solcher Zertifikate ist ein bestimmter Index wie der DAX, EuroStoxx oder Dow Jones. Bei Index-Zertifikaten ist die Laufzeit nicht beschränkt, sie werden daher auch als Open-End-Zertifikate bezeichnet. Index-Zertifikate ähneln stark börsengehandelten (und preiswerteren) ETF- bzw. Indexfonds.

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Bonus-Zertifikate

Bei Bonus-Zertifikaten profitieren Anleger – ohne Cap – von Kurssteigerungen der Basiswerte. Dazu gibt es einen Bonus, sollte der Basiswert während der gesamten Laufzeit oberhalb eines festgelegten Sicherheitslevels (Barriere) bleiben. Fällt der Kurs unterhalb dieses Levels, bewegt sich das Bonus-Zertifikat parallel zu diesem Kurs: Die Rückzahlung entsprecht dem Schlusskurs des Basiswerts.

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Aktien-Anleihe

Diese Zertifikate schütten regelmäßige feste Zahlungen (Kupons) aus. Anleger erhalten zum Ende der Laufzeit entweder den Nennwert der Aktie als Geldbetrag zurück oder eine vorher festgelegte Anzahl von Aktien. Von steigenden Kursen profitieren Anleger also nicht, da sie nur den Nennwert (plus Zins-Kupons) ausgezahlt bekommen. Sollte der Kurs der Aktie allerdings gefallen sein, lohnt sich die Aktienanleihe doppelt: Die Bank zahlt den (höheren) Nennwert – und hat darüber hinaus bereits die Beträge für die Zins-Kupons überwiesen.

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Basket-Zertifikate

Bei Basket-Zertifikaten richtet sich die Wertentwicklung nach einem Korb (Basket) ausgewählter Basiswerte. Das können beispielsweise ausgewählte Aktien sein. Basket-Zertifikate gibt es sowohl mit begrenzter Laufzeit als auch in der „Open End“-Variante.

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Faktor-Zertifikate

Der Wert von Faktor-Zertifikaten ändert sich ständig, da die tägliche Veränderung des Basiswerts – meist Aktien oder Indizes – mit einem bestimmten Faktor multipliziert wird. Steigt oder sinkt der Kurs des Basiswerts um einen bestimmten Wert, wird diese Veränderung mit dem entsprechenden Faktor multipliziert – bei einem Zertifikat mit dem Faktor 3 also verdreifacht, bei einem Zertifikat mit dem Faktor 5 sogar verfünffacht. Die meisten Faktorzertifikate haben Faktoren zwischen 2 und 8. Sie erlauben große Gewinne, allerdings ist auch ein Totalverlust realistisch.

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Knockout-Zertifikate

Bei Knockouts haben Anleger die Möglichkeit, mit geringem Kapitaleinsatz eine hohe Rendite zu erzielen. Um das an einem Beispiel zu illustrieren: Der Kurs einer Aktie als Basiswert liegt bei 100 Euro, das Knockout-Zertifikat kostet 5 Euro. Steigt die Aktie bis zum Stichtag auf 120 Euro, erhält der Anleger den Kaufpreis der Zertifikats zurück, dazu die Kursgewinne, insgesamt also 25 Euro, Bei einem Einsatz von 5 Euro entspricht das einer Rendite von 400 Prozent!

Der Haken bei diesen Zertifikaten ist die Knockout-Schwelle. Die könnte in unserem Beispiel bei 95 Euro liegen. Wird diese Schwelle unterschritten oder auch nur berührt, wird das Zertifikat sofort wertlos: knockout! Dieses Knockout-Kriterium gilt nicht nur für den Stichtag, sondern für die gesamte Laufzeit.

Gewinn minus Gebühren

So verlockend die Gewinnaussichten bei Zertifikaten sein mögen: Davon ab geht einiges an Kosten und Gebühren.

Ordergebühr: Sie wird beim Kauf von Zertifikaten fällig. Besonders günstig ist sie beim Kauf über spezialisierte Anbieter wie FollowMyMoney.

Ausgabeaufschlag: Bei neu herausgegebenen Zertifikaten wird häufig ein Aufschlag erhoben, der sich meist auf 1 bis 3 Prozent des Ausgabekurses beläuft.

Geld-Brief-Spanne/Spread: Der Kaufpreis eines Zertifikats ist höher als der Preis, zu dem die Emittentin ihn zurück nimmt. Diese Spanne wird auch Spread genannt. Liegt der Spread unter 1,0 Prozent, gilt sie als akzeptabel.

Managementgebühr: Sie wird meist nur bei Zertifikaten mit unbegrenzter Laufzeit erhoben und liegt meist zwischen 0,5 und 1,5 Prozent.

Innenprovision: Bei einigen Zertifikaten herhalten die Vertriebspartner, die das jeweilige Zertifikat anbieten, ein Entgelt für die Kundenvermittlung. Diese Innenprovision kann zwischen 1 und 3 Prozent des Ausgabepreises betragen.

Quanto-Kosten: Zertifikate, die als Basiswerte auf ausländische Aktien oder Indizes setzen, haben ein Währungsrisiko. Die Kosten für die Währungssicherung (Quanto) liegen bei jährlich 1,5 bis 2 Prozent.

Rücknahmegebühr: Bei manchen Zertifikaten erhebt die Emittenten-Bank eine Gebühr von 1 bis 2 Prozent, wenn sie das Zertifikat vor Ende der Laufzeit zurücknimmt.

Nicht alle Zertifikate enthalten sämtliche dieser Gebühren. Aber es kann einiges an offenen und versteckten Kosten zusammenkommen.

Nicht erst beim Blick auf die Gebühren wird klar: Zertifikate sind meist komplizierter als sie auf den ersten Blick wirken. Deshalb sind sie nur für erfahrene Anleger geeignet, die genau wissen, was sie mit dem Kauf eines jeden einzelnen Zertifikats vorhaben und nicht davor zurückschrecken, sich in das komplizierte Vertragswerk einzuarbeiten. Sonst drohen unliebsame Überraschungen.

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